Vorbemerkung: Jede Paartherapie verläuft anders, weil jedes Paar individuelle Fragen und Änderungsmöglichkeiten hat. Diese zu erschließen und so die ganz persönlichen Wege zu den eigenen Zielen als Paar zu finden ist auch Aufgabe der Therapie. Siehe auch: Wie läuft eine „Beziehungsheilung“ ab?
Wortlaut wurde entnommen aus der Zeitschrift „BILD der FRAU“ vom 11.07.2025. Mit freundlicher Genehmigung.
Nach jahrelangem Dauer-Streit, Wut und Vorwürfen:
Täglicher Zoff, ein normales Gespräche kaum noch möglich: Die Ehe von Melinda und Jens war am Ende. Erst als sie sich intensiv mit ihrer Kindheit beschäftigen, wird alles wieder gut.
Ende 2009 lernen Melinda (48) und Jens (53) sich über eine Online-Partnervermittlung kennen. „Es funkte sofort“, schwärmt Melinda. „Wir haben an Heiligabend alle Telefonakkus leer telefoniert, uns im Januar zum ersten Mal getroffen und wussten schnell: Das ist fürs Leben!“
Beide lieben die Natur und Tiere, gehen wertschätzend miteinander um. Es ist eine blitzschnelle Liebe: Im März zieht Melinda zu Jens auf die Nordseeinsel Juist, im April ist sie schwanger und schon ein Jahr nach ihrem Kennenlernen kommtOskar (heute 14) auf die Welt. Zwei Jahre später folgt Belá (12).
„Dann fing es an zu kriseln. Wir haben immer häufiger gestritten, uns irgendwann nur noch Vorwürfe gemacht und verbal verletzt.“ Mit zwei kleinen Kindern, Jobs und Haus sind sie nur noch Eltern, nehmen sich keine Zeit mehr als Paar und streiten ohne Ende. „Ich habe geschrien, Jens hat sich völlig zurückgezogen und ich habe noch mehr geschrien“, sagt Melinda. Heute kann sie nur den Kopf darüber schütteln.
Sie schlafen zeitweise getrennt, sprechen kaum noch miteinander. Mehr als drei Jahre geht das so.Bis sie völlig ausgelaugt sind. 2019 suchen sie Hilfe in der Praxis von Peter Bartning. Der Paartherapeut aus Lübeck kennt solche Probleme. Und erklärt: „Auf die Verliebtheitsphase und die Anpassungsphase, in der Partner beginnen, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, setzt meistens eine Kampfphase ein.“
Was genau heißt das? „Alte Wunden aus der Kindheit blockieren uns und übernehmen in Konfliktsituationen unbewusst das Ruder“, so der Experte. „Die Gespräche werden irrational, weil sie von Wut, Angst oder Trotz geleitet werden, die ihren Ursprung in Verletzungen unserer Kindheit haben.“ Das führe zu Missverständnissen. „Sachliche Konfliktlösungen werden dann unmöglich.“ Deshalb hat er sich in seiner Arbeit mit Paaren auf die Heilung des „Inneren Kindes“ spezialisiert.
Melinda und Jens nehmen an einem Wochenendkurs teil, um alte Wunden aus der Kindheit aufzuspüren. Und im besten Fall Schritt für Schritt zu heilen. Melinda, die in Rumänien aufgewachsen ist, erkennt: „Ich habe riesige Verlustängste, weil mein Vater ohne uns nach Deutschland vorausgewandert ist und dann auch früh gestorben ist. Das lässt mich aus Verzweiflung schreien, sobald sich Jens zurückzieht!“
Und Jens erkennt, dass er ein sehr sensibles und ängstliches Kind war, das in Kindergarten und Schule oft streng gemaßregelt wurde. Erfahrungen, die seine Kinderseele verletzen. „Ich brauchte vielleicht stärker als andere das Gefühl, angenommen und wertgeschätzt zu sein. Melindas Schreien war mir zu viel, deshalb habe ich mich aus Selbstschutz zurückgezogen.“
Sie lernen viel über sich selbst. Sprechen ganz offen miteinander drüber. „Wir trainierten, respektvoll miteinander zu kommunizieren. Anfangs brauchten wir eine Art Übersetzer, weil wir einfach riesige Kommunikationsschwierigkeiten hatten“, weiß Melinda. Heute hilft ihnen ein Gesprächsritual: „Wir setzen uns gegenüber voneinander hin, schauen uns in die Augen und halten uns an den Händen“, sagt Jens, „dann beginnen wir das Gespräch. Das gibt uns beiden Sicherheit, hilft uns, den Kontakt zueinander auch bei negativen Gefühlen nicht zu verlieren und macht empathischere Gespräche möglich!“
Auch die Codewort-Vereinbarung tut ihnen gut: Für den Fall, dass doch mal die Stimme des wütenden, trotzigen oder ängstlichen Kindes, das sie einmal waren, übernimmt, empfahl Peter Bartning den beiden, so ein Wort einzuführen: „Sobald einer von uns ‚Zwiebel‘ sagt, beenden wir das Gespräch für den Moment, führen es erst weiter, wenn beide einen kühleren Kopf haben.“
All die Mini-Tricks helfen und wie! Heute spielt Streit keine Rolle mehr bei Familie Wilde. Tiefere Gespräche führen sie ganz bewusst regelmäßig. Weil sie von Peter Bartning gelernt haben: Miteinander reden, von Herz zu Herz das hält die Liebe warm!“
Als diese Liebe gerettet war, wagten sich die beiden an das größte Abenteuer ihres Lebens: „Wir sind 2020 nach Ungarn ausgewandert, bauen hier mitten im Grünen unser Traumhaus, das Jens als studierter Architekt selbst entworfen hat und baut!“ Kühe, Ponys, Hühner und üppige Gemüsefelder sollen folgen, um sich gemeinsam ihren Selbstversorgertraum zu verwirklichen. „Wir haben heute so viel mehr Zeit füreinander, führen eine reife, erwachsene Liebe, die auf gegenseitigem Verständnis basiert das ist pures Glück“, sagt Melinda lächelnd. Ein Alltagsgeheimnis möchte sie unbedingt noch teilen: „Viel küssen und umarmen auch zwischendurch! Das tut gut und hält die Liebe frisch.“
Wortlaut wurde entnommen aus der Zeitschrift „Lisa“ vom 03.02.2003. Mit freundlicher Genehmigung, auch seitens des Paares.
Nach fünf Jahren Ehe wuchsen die Probleme im Alltag zu Bergen.
„Was willst du? Ich soll mit zu einer Paartherapie gehen? Du spinnst ja wohl!“
Morwena K. stemmt demonstrativ die Hände in die Seiten. „Genau so hat Heiko reagiert, als ich ihm den Vorschlag machte. Wenn ich ihn nicht jeden Tag bearbeitet hätte, wäre er nie mitgekommen. Stimmt`s?“
Liebevoll knufft die 31-Jährige ihren Mann in die Seite.
Heiko K. windet sich etwas verlegen auf seinem Stuhl: „Ich dachte, unsere Probleme gehen keinen was an. Aber Morwena ließ nicht locker wie immer!“
Morwena, das Temperamentsbündel, und der ruhige Heiko am Anfang ihrer Liebe ergänzten sie sich ideal. Doch dann begann das Gleichgewicht zu kippen. „Es war ein schleichender Prozess.“ sagt die junge Frau. „Irgendwann waren wir nur noch von einander genervt.“
In fünf Jahren Ehe türmten sich die Alltagsbelastungen auf. Da war Heikos 17-jährige Schwester, die bei den beiden wohnte, seit sie sich mit ihren Eltern überworfen hatte. Wegen ihr rastete Morwena immer öfter aus. „Sie half nicht im Haushalt, machte nur Mist, und ich musste allein für sie da sein, weil Heiko immer arbeitete.“
Seit Heiko zum stellvertretenden Leiter eines Baumarktes befördert worden war, machte er häufig Überstunden. Weswegen der angespannten Morwena zu Hause immer öfter der Kragen platzte. „Wenn das Telefon im Büro klingelte, dann wusste ich schon, das sie es war, um zu fragen, wann ich komme.“ Heiko seufzt. „Ich hab oft barsch gesagt: „Wenn ich fertig bin, kapier das endlich.““ Zu Hause herrschte dann nur noch eine Eiszeit der Gefühle.
„Es war ein Teufelskreis“, so Morwena. „Ich habe das nicht mehr ertragen.“
So entschloss sie sich zu handeln. bevor ihre Ehe endgültig am Ende war. Und redete auf Heiko ein, bis er der Therapie zustimmte.
Die erste Sitzung bei dem Therapeuten war völlig verkrampft. Heiko misstraute dem Fremden und schaltete auf stur.
„Er tat so, als ginge ihn all das nichts an“, so Morwena. „Das machte mich wütend.“
Heiko verdreht die Augen. „Wenn sie laut wird, dann kann ich ihr nicht zuhören.“
Ihren ganzen Alltagsfrust hauten sie sich in dieser ersten Stunde um die Ohren. Der Therapeut ließ sie sich austoben. Und schlug dann vor, in den nächsten Stunden gemeinsam zu überlegen, wie sie vielleicht anders mit ihren Alltagsproblemen umgehen könnten.
Überraschende Erkenntnisse gab es schon nach der zweiten Sitzung. „Ich habe Morwena zum Beispiel oft gar nicht klar gesagt, wenn ich später komme und warum.“ so Heiko. Sich gegenseitig zu informieren anstatt vorauszusetzen, dass der andere weiß, was man von ihm erwartet: „Wir haben das sofort in die Praxis umgesetzt“, erzählt Morwena. „Es funktionierte zwar nicht immer aber wir setzten uns nicht mehr so unter Druck.“
In den Gesprächen mit dem Therapeuten ging es jetzt mehr und mehr „ans Eingemachte“, wie Heiko sagt.
„Ich merkte, wie schwer es mir fällt, meine Gefühle zu zeigen.“
Und der Therapeut gab ihm eine spezielle „Hausaufgabe“. Er sollte immer mal einen Moment innehalten und Morwena sagen, was er gerade fühlte egal ob beim Essen, beim Aufräumen oder wenn das Telefon klingelte. „Erst fand ich das albern“, erinnert er sich. „Aber dann wurde mir klar, wie viel ich sonst runterschlucke.“
Morwena erkannte, dass sie Heiko mit ihrer impulsiven Art oft überfahren hatte.
„Ich bin immer gleich auf 180“, sagt sie selbstkritisch. Jetzt versucht sie, erst mal bis zehn zu zählen, statt sofort hochzugehen.
Es sei gewesen, als öffneten sich mit jeder Therapiestunde neue Türen zueinander, meinen beide.
Und dann standen sie vor einer Tür, die im Laufe der Jahre immer dickere Stahlschichten angesetzt hatte. Das Thema war zwar beiden bewusst. Über ihre Gefühle dabei hatten sie aber niemals zuvor miteinander offen gesprochen. „Wir haben schon alles Mögliche versucht, um ein Kind zu bekommen“, so Morwena. „Aber es klappt einfach nicht.“
Die Stunde. in der sie in der Therapie auf diesen Punkt kamen, war schwierig. Und bewegend. Mehr wollen sie darüber nicht sagen. Es gibt Dinge, die gehen nur zwei Menschen etwas an. Einen Moment lang ist es still im Raum.
Der Therapeut habe ihnen noch mehr Hausaufgaben gegeben, bricht Heiko schließlich das Schweigen: „Wir sollen uns mindestens einmal täglich in den Arm nehmen, einfach so.“ Morwena lächelt. „Schon verrückt, wie schnell man die Zärtlichkeit vergisst“, setzt sie dann hinzu. Und schmiegt sich an Heikos Schulter.
Nach einem halben Jahr Therapie hatte beide das Gefühl, in der Stunde nur noch zu schwätzen. „Da wussten wir, wir brauchen ihn nicht mehr.“
In ihrer Beziehung läuft es seitdem wieder großartig.
Für ein Problem allerdings fanden sie auch in den Therapiestunden keine Lösung. „Vielleicht bekommen wir ja wirklich nie ein Kind“, sagt Morwena leise. Heiko legt ihr fest den Arm um die Schultern. „Wir lernen, damit zu leben“, meint er dann. „Und vielleicht klappt es ja doch eines Tages noch ...“