Transaktionsanalyse – Lebensspiel:
„Sieh bloß, was du angerichtet hast“

Anmerkung: Das Folgende wird – wie alle „Spiele“ – unterbewusst inszeniert! Wie solche unterbewussten „Spiele“ analysiert und verändert werden können, ist in meinem „Praxiskurs: Liebe muss streiten ! - ?“ zu lernen.

Entnommen aus „dem“ Klassiker der TA: Eric Berne, Spiele der Erwachsenen, Reinbek 1968, 6. Aufl., Seite 113 f
In seiner klassischen Form ist dieses Spiel ein Ehespiel, und es beschwört meist einen „Mords-Ehekrach“ herauf – es kann aber auch zwischen Eltern und Kindern und am Arbeitsplatz gespielt werden.

1. „Sieh bloß, was du angerichtet hast“ ersten Grades *):
Herr Weiß, der nicht sehr umgänglich ist, vertieft sich in eine Tätigkeit, die es ihm erlaubt, sich von den anderen Menschen abzusondern. Alles, was er sich im Augenblick wünscht,. ist nur, dass man ihn in Ruhe lässt. Plötzlich stören ihn seine Kinder oder seine Frau: sie wollen entweder gestreichelt werden oder stellen eine Frage wie z. B.: „Wo ist die große Kneifzange?“
Diese plötzliche Unterbrechung ist nun die „Ursache“ dafür, dass er sich mit seinem Meißel oder Pinsel, seiner Schreibmaschine oder seinem Lötkolben irgendwie verhaspelt; wütend wendet er sich gegen den Störenfried und schreit ihn an: „Sieh bloß, was du da angerichtet hast!“
Wiederholt sich ein solcher Vorgang im Laufe der Jahre immer wieder, dann neigt die Familie immer mehr dazu, ihn sich selbst zu überlassen, wenn er sich in irgend etwas vertieft hat.
Natürlich ist nicht der Störenfried die eigentliche „Ursache“ seines Missgeschicks, sondern sein eigener gereizter Zustand. Aber im Grunde kommt ihm der Zwischenfall sehr gelegen, denn dieser liefert ihm einen günstigen Vorwand (unbewusst!), um den Eindringling hinaus zu werfen. (...)
(Anmerkung: Und damit vertieft er seine Lebenseinstellung: alleine sein ist am Besten – die anderen stören nur, sie sind schuld. Und pflegt Ärger, den er vermutlich schon auf seine Eltern hatte.)

2. „Sieh bloß, was du angerichtet hast“ zweiten Grades *):
Wird das Spiel nicht nur gelegentlich als persönlicher Schutzwall benutzt, sondern dient als Ausgangsbasis für eine ganz bestimmte Lebensweise, dann heiratet z.B. Herr Weiß eine Frau, die z. B. „Ich versuche nur, dir zu helfen“ spielt **) .
Für ihn ist es dann leicht, alle Entscheidungen ihr zu überlassen.
Das kann häufig unter dem Deckmantel von taktvoller Rücksichtnahme oder Ritterlichkeit geschehen. Er kann ihr z. B. höflich und rücksichtsvoll die Entscheidung darüber überlassen, in welches Speiserestaurant oder in welches Kino man gehen soll.
Verläuft alles nach Wunsch, dann hat er Grund zu guter Laune.
Geht etwas schief, dann kann er sie dafür verantwortlich machen, indem er sagt oder zumindest andeutet: „Sieh bloß, was du angerichtet hast“
Er kann ihr auch die Verantwortung für die Erziehung der Kinder aufbürden, während er selbst sozusagen nur die vollziehende Gewalt ausübt.
Klappt dann bei den Kindern nicht alles so, wie man sich das vorgestellt hatte, dann hat er einen guten Anlass, „Sieh bloß, was du angerichtet hast“ zu spielen.
Im Laufe der Jahre ergibt sich daraus die Konsequenz, dass der Mutter die Schuld dafür in die Schuhe geschoben wird, wenn aus den Kindern nichts Ordentliches wird.
Anmerkung: So ergibt sich ein komplett sich ergänzendes „System“: Frau wird die Rolle der Entscheiderin zugeschanzt, die sie auch annimmt! Das ist also ihr „Spiel“, das bei einer Paartherapie natürlich genauso mit untersucht werden müsste! Wie oben bei **) angedeutet heißt ihr Spiel „Ich versuche nur, dir zu helfen!“. Eine Partnerin mit der Lebenseinstellung, anderen stets hilfreich sein zu wollen, „passt“ natürlich genau zu jemandem, der sich vor Entscheidungen zurückzieht! So wie hier:
Mann hält sich zurück, muss ja auch so viel arbeiten, und kann kritisieren, statt sich selbst mit einzulassen.
Solche sich gegenseitig ergänzenden, ja: gegenseitig aufschaukelnden Positionen finden sich ausnahmslos in allen problematischen Ehe- , Familien- und sonstigen Systemen.
Eric Bernes Schreibstil ist beabsichtigt provokativ, so als ob man dies alles spielerisch und bewusst täte. Damit soll auf die Eigenverantwortlichkeit jedes Menschen hingewiesen werden. Diese Eigenverantwortlichkeit wird von der TA stets besonders betont.
Dabei geht es jedoch nicht um eine einseitige Schuldzuweisung. Denn wie eben gezeigt, spielt jeder Mitspieler auch sein eigenes Spiel. D. h.: auch der Partner trägt mit zu der betreffenden Situation bei. Insofern ist „Spielanalyse“ systemisch, bezieht alle mit ein – und kann damit umfassende Hilfestellung zu dauerhafter Veränderung geben.
*) Die Stufen 1. / 2. / und auch 3. Grades beziehen sich auf die Vehemenz, mit der ein Spiel gespielt wird.

Nach oben